Hast du dich jemals gefragt, wie dein Stresslevel dein Reitgenuss beeinflusst?

Reiten – kaum ein anderes Hobby ist gleichbedeutend mit Spass, Freiheit und Abenteuer. Ein Sport, der uns so viel Entspannung bringen kann, wenn wir präsent im Hier und Jetzt sind. Unser stressiger Alltag lässt uns aber oft nicht im Hier und Jetzt sein, sondern wir sind oft gedanklich noch im letzten Meeting, im letzten Konfliktgespräch. Unsere Gefühle werden vom Pferd aufgenommen und beeinflusst massgeblich unser Reitverhalten.

Was Stress genau für Auswirkungen haben kann, erfährst du in diesem Artikel. Zudem geben wir Tipps und Tricks, um bewusster Stress vor dem Reiten abzulegen, um so entspannt reiten zu können.

Definition und Ursachen von Stress

Unser hektischer Alltag macht Stress. Denken wir nur an unsere nie enden wollende To-Do-Listen, an die überquellenden Kalender oder an das letzte Gespräch vielleicht sogar Streitgespräch mit unseren Kolleg:innen oder Partner:in.

Stress sind Belastungen hervorgerufen durch spezifische äußere Reize. Sind wir im Stress gibt es Fight oder Flight oder Freeze Modus. Innert Sekunden ist unser Körper für den Kampf oder die Flucht bereit und kann Höchstleistung erbringen.

Um die Energie zur Höchstleistung bereitstellen zu können, starten autonome körperliche Prozesse wie:

  • Adrenalin Ausschüttung
  • Gefässerweiterung
  • Blutdruck wird erhöht
  • Herzfrequenz wird erhöht
  • Verdauung wird runtergefahren
  • Bei länger anhaltendem Stress: Ausschüttung von Cortisol (erhöht Blutzucker für noch mehr Energie = das Ass im Ärmel)

Heutzutage können wir aber nicht, in den Kampf oder in die Flucht. Stattdessen bleiben wir sitzen und die Anspannung bleibt im Körper regelrecht stecken. Wenn wir nach einem stressigen Bürotag, dann zu unserem Pferd fahren und endlich entspannen wollen, haben unser Körperspannung und unsere Gefühle Folgen für unseren Reitgenuss.

Die Wechselwirkung zwischen Stress und Reiten

Unser Pferd als Fluchttier kennt dieselben 3 Modus (Fight oder Flight oder Freeze), wenn es im Stress ist. Der Unterschied zu uns Menschen ist, spürt es eine Gefahr so reagiert und handelt es entsprechend – im Hier und Jetzt.

Der Unterschied ist, dass wir haben den Stress von vorher vielleicht weggesteckt. Kommen wir aber zu unserem Pferd, spürt es unseren Stress. Es weiss nicht, dass unser Stress aus einem vergangenen Zeitraum kommt. Es projiziert unseren Stress auf das Hier und Jetzt und ist in höchster Alarmbereitschaft und entsprechend nervös, darauf bedacht sofort zu reagieren, wenn ein entsprechender Reiz kommt. Verstärkt wird der Effekt, weil wir durch den Stress oft mit einer erhöhten Körperspannung auf unserem Pferd sitzen.

Und es ist wie bei jeder Beziehung, wenn wir im Stress sind, fällt es uns oft schwer, dem Anderen/der Anderen aktiv zuzuhören. Die kleinen Gestiegen und Mimiken zu erkennen. Es fällt uns somit schwerer,  Verständnis für den Gegenüber aufzubringen und wir sind damit wenig einfühlsam. Das gilt auch alles für unser Pferd.

Grafik welches illustriert, wie wir unseren Stress zum Pferd mitnehmen

Dementsprechend aufmerksam und nervös ist unser Pferd und damit sind sie perfekte Spiegel unserer Seele. Denn sie reflektieren unseren Stress wieder, den wir selbst oft schon verdrängt haben.

Die Auswirkungen von unserem Stress auf unser Reitverhalten

Nun sind wir vielleicht in einer zwar angespannten Phase, aber wir glauben, dass wir die Situation schon längst gedanklich verdrängt haben. Aber sie steckt uns ja noch regelrecht im Körper. Unsere Emotionen unsere Körperhaltung sind alles andere als entspannt. Unser Pferd spürt unseren Stress im Hier und Jetzt, ist entsprechend in Alarmbereitschaft.

Jetzt braucht es nur die kleinste Unaufmerksamkeit unsererseits und unser Pferd reagiert nicht wie wir es von ihm erwarten oder völlig über, dreht vielleicht sogar durch. Und aus dem entspannenden Reiterlebnis wird ein Frustriertes – sowohl für Mensch als auch Pferd. Und das beeinträchtigt unsere Beziehung zum Pferd. Vielleicht fehlt uns sogar beim nächsten Ritt das Vertrauen in uns und unserem Pferd. Was auch wiederum Stress bei uns und beim Pferd auslöst mit den oben dargestellten Konsequenzen. Und das kann dementsprechend langfristig unsere Beziehung zu unserem Pferd beeinträchtigen.

Daher ist es so enorm wichtig, dass wir entspannt vor unserem Ritt sind, dass wir vor dem Reiten unseren Stress bewusstwerden und loslassen können.

Selbstreflexion und Bewusstsein

Unser Pferd ist also ein wunderbarer Spiegel unserer Seele. Das hat auch den Vorteil, wenn wir entspannt, ruhig und gelassen sind, ist es auch unser Pferd. Was wiederum zu mehr Vertrauen und somit zu mehr Spass beim Reiten führt.

Für mehr Entspannung braucht es das Bewusstsein für unser Körper und unserer Emotionen. Erst wenn ich mir meiner Emotionen bewusst bin, kann bewusst reagieren und entsprechend negative Emotionen loslassen. Unser Körpergefühl hilft uns, stecken gebliebene Spannungen zu spüren.

Dafür brauche ich Mut zur Selbstreflexion. Uns genauer anschauen, spüren, fühlen. Das kann auch schwierig sein, haben wir doch oft gelernt, unsere Gefühle zu unterdrücken, um in unserem Alltag zu funktionieren. Unser Pferd hilft uns dabei. Merken wir, dass unser Pferd nervös ist, dann sollten wir auf uns selbst fokussieren. Was passiert hier gerade? Was trage ich gerade zu diesem Zustand bei? Wenn du spürst, dass du nervös bist, dann atme tief ein und aus und komme im Hier und Jetzt bewusst an. Beruhige dein Pferd, was übrigens dich selbst auch beruhigt.

Wie sieht es bei dir mit deinem Gleichgewicht aus?  Der folgende Selbsttest kann dir Hinweise zur Selbstreflexion geben.

Praktische Tipps zur Stressbewältigung

Wir können aktiv etwas tun, um entspannter im Alltag zu sein. Nachfolgend ein paar praktische Tipps, für mehr Ruhe und Entspannung im Alltag:

  • Rituale in deinen Tag einbinden
    zum Beispiel immer erst fünf Minuten beim Pferd in die Box/Weide setzen und erst einmal runterfahren, bevor es zum Putzplatz geht. Rede mit deinem Pferd und streichle es. Und dein Streicheln macht übrigens genauso glücklich wie selbst gestreichelt werden. Damit stärkt ihr beide eure Beziehung.

  • Pausen bewusst einplanen
    auch bei der Arbeit, zuhause, 1x pro Woche einen Abend ohne reiten, wo du dich um dich selbst kümmerst. Vielleicht spürst du vor dem Ritt einmal in dich hinein, ob du überhaupt reiten willst oder ob es gerade eine zusätzliche Belastung für Körper und deinem Geist wäre. Mache stattdessen einen ruhigen Tag beim Pferd. Vielleicht eine Yoga-Session?

  • Schlaf
    die beste Erholung von Stress. Wenn nötig auch mal direkt nach dem Abendessen ins Bett fallen und vielleicht noch etwas lesen, bis die Müdigkeit zum Einschlafen da ist. Wenn du schlecht schlafen solltest, achte auf eine regelmässige Abendroutine, denn Struktur hilft unsern Körper zu entspannen. Wenn du nachts aus Grübeleien aufwachst, dann hab einen Block und einen Stift neben dir und schreib, das, was hochkommt, einfach auf. Damit ist es gedanklich aus deinem Kopf und du kannst wieder besser schlafen.

  • Yoga
    Um eigene Spannungen im Körper wahrnehmen und loslassen zu können, bieten sich Methoden wie Yoga an. Unter Übersicht der Reihe stellt Daniela Kämmerer acht Übungen für Einsteiger vor. Vielleicht nimmst du wie sie vorschlägt, auch die Yoga-Matte mal mit zu deinem Pferd und übst sie in Gesellschaft deines Pferdes aus?

Grafik mit 2 Schritten: Erst Stressloslassen, dann zum Pferd gehen.

Mit diesen Ideen wirst du schon entspannter bei deinem Pferd ankommen und ihr könnt die gemeinsame Zeit geniessen.

Fazit

Stress wirkt bei Menschen und Pferd auf ähnliche Art und Weise. Im Gegensatz zu uns kann unser Pferd in der heutigen Zeit immer noch kämpfen oder flüchten. Wir nehmen stattdessen unseren Stress mit zum Reiten. Unser Pferd spürt unseren Stress und setzt sich entsprechend in Alarmbereitschaft. Aus einem entspannten Ritt wird so möglicherweise ein gestresstes Reiten, welches eure Beziehung beeinträchtigen kann. Daher ist es so enorm wichtig, dass du mit Selbstreflexion und Rituale mehr Entspannung im Alltag integrieren kannst. Denn bist du ruhig und gelassen, so ist es dein Pferd auch und ihr beide könnt euren Ritt geniessen und Spass, Abenteuer und Freiheit spüren.

Schau diese Woche doch mal, wie dein Pferd auf dich reagiert und prüfe, ob sein Verhalten deines spiegelt. Wenn du es regelmässig machst, kannst du bald schnell mit Hilfe deines Pferdes entspannen.

Weiterführende Links und Bücher

  • Weitere Tipps, die Pferdemenschen gut tun, stellt Daniela Kämmerer auf ihrem Blog bereit unter 6 Dinge, die Pferdemenschen jetzt gut tun
  • Empfehlenswert, um mehr über die Beziehung Pferd und Menschen zu erfahren, ist auch das Buch «Wie wir bessere Pferdemenschen werden» von Mareile Braun und Nico Lee Gogol, welches im BL-Verlag 2023 erschienen ist.

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Autorinnen

KAMPINADA | Elena Zimmermann

Elena Zimmermann
Pferde-Osteopathin und Trainerin

«Für mich gibt es nichts schöneres als in lebendige Pferdeaugen schauen zu dürfen. Das Wesen Pferd hat für mich ein starkes inneres Feuer gekoppelt mit einer sensiblen und einfühlsamen Seele. Ein Pferd das im Gleichgewicht unter einem sein Bestes gibt und dann diese tiefe Verbundenheit zu spüren ist für mich immer wieder ein magischer Moment.

Dieses „Gefühl“ beim Reiten weiter zugeben und das Wissen rund um die Anatomie und Zusammenhänge zu lehren ist für mich zu einer Lebensaufgabe geworden.»